50 000 Anrufe bei der Nummer gegen Kummer

Die „Nummer gegen Kummer“ (NgK) des Kinderschutzbund Kreisverbandes Soest e.V. feiert in diesem Jahr sein 10-jähriges Bestehen. Ein unverzichtbares Angebot, wie der Vorsitzende Hans Meyer feststellt. Der Beleg: mehr als 50.000 Anrufe in dieser Zeit - allein im Kreis Soest. Damit hätte beim Start am 15. März 2010 niemand gerechnet. Auch noch nicht, als die NgK vor neun Jahren sogar mit dem mit 2000 Euro dotierten Ehrenamtspreises des Kreises Soest ausgezeichnet wurde.

Eine, die von der ersten Stunde an mit dabei ist, ist Renate Linnemann. Damals startete sie als Mitarbeiterin am Kinder- und Jugendtelefon, heute ist sie als Nachfolgerin von Verena Gimm-Burnic seine Koordinatorin. Warum sie sich so engagiert? „Ich habe lange als Jugendschöffin beim Soester Amtsgericht gearbeitet“, beginnt sie zu erzählen. „Und oft habe ich mir gedacht, dass die Jugendlichen wahrscheinlich keinen Unsinn gebaut hätten, wenn sie mal jemanden zum Reden gehabt hätten. Der sie ernst nimmt, ihnen Wege aus Krisen und schwierigen Lebenssituationen aufzeigt.“ Die Nummer gegen Kummer kann so eine Anlaufstelle sein, weiß sie. Anonym, vertraulich und kostenlos - egal ob vom Festnetz oder Handy. Und immer ist am anderen Ende der Leitung jemand, der zuhört. Nicht blöde Ratschläge gibt. Sondern individuell mit den Anrufern guckt, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Das sei einer der besten Beiträge zum Kinderschutz, sagt sie, Grund genug sich bis heute zu engagieren.   

So wie Renate Linnemann haben sich in den vergangenen zehn Jahren rund 100 – überwiegend – Frauen und Männer für die Nummer gegen Kummer ausbilden lassen. Gut alle zwei Jahre bietet der Soester Kinderschutzbund dies im Rahmen einer mehrmonatigen 100 Stunden umfassenden Schulung an – durchgeführt von professionellem Fachpersonal. Zum Abschluss gibt es sogar ein Zertifikat, das für den Einstige in soziale Berufe Gold wert sein kann. Im Schnitt arbeiteten die Mitarbeiter dann drei bis vier Jahre am Telefon. Und manche viel länger.

Heidrun Lutterbüse ist zum Beispiel ebenfalls seit zehn Jahren Telefonberaterin. Neben der fundierten Ausbildung schätzt die pensionierte Lehrerin bei ihrem Ehrenamt die sehr flexible Dienstplanstruktur, um das Telefon werktags in zwei Schichten a zwei Stunden bedienen zu können – all das movierte sie, der NgK so lange treu zu bleiben. Spannend sei, dass kein Dienst wie der andere sei, betont Heidrun Lutterbüse. Es gebe klassische Themen wie Mobbing, Liebeskummer, Schulstress. Und natürlich immer mal wieder Scherzanrufe – weil Jugendliche Reibungsfläche bräuchten. Sehr bewegt hätten sie Anrufe von kranken Kindern. „Einmal hatte ich eine Anruferin mit einer Krebserkrankung am Apparat. Das hat mich sehr mitgenommen.“ Auch das Telefonat mit einer Borderlinerin war schwer und hat sie an ihre Grenzen gebracht. „Hier können wir Berater nichts tun, nur an entsprechende Fachdienste und Institutionen weitervermitteln.“ Immer wieder sei auch Armut ein Thema. Die heile Welt, wie sie wahrscheinlich viele Soester Familien kennen, sei längst nicht überall Realität. Regelmäßige Supervisionen und Fortbildungen – organisiert durch den Kinderschutzbund - helfen den NgK-Mitarbeitern dann, mit nagenden Erfahrungen fertig zu werden und Abstand zu gewinnen. Und manchmal gebe es auch ein „Danke“ von den Kinderstimmen am anderen Ende der Leitung. „Das geht ans Herz!“, sagt Heidrun Lutterbüse. „Und darum macht man immer weiter.“

Eine große Feier fällt aufgrund der Corona-Krise trotz Jubiläum leider aus. Die wird aber voraussichtlich im nächsten Jahr nachgeholt. Geplant ist ein gemeinsamer Tagesausflug der ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater „als kleines Dankeschön für diesen wichtigen ehrenamtlichen Einsatz im Dienste der Kinder und Jugendlichen“, so der Vorsitzende Hans Meyer.

Ebenfalls im kommenden Jahr startet auch wieder die nächste Ausbildungswelle. Wer Interesse hat, dem aktuell 14-köpfigen Team dazu zu stoßen, kann sich an Renate Linnemann wenden, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Die Ausbildung wird ebenso wie die notwendigen Fortbildungen und regelmäßigen Supervisionen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen vom Kinderschutzbund finanziert.

Über das Kinder- und Jugendtelefon

Unter der bundesweiten Nummer 116 111 sind die Telefonberater des Kreis-Kinderschutzbundes zu erreichen. Das Kinder- und Jugendtelefon der „Nummer gegen Kummer“ besteht seit 1980 und ist damit eines der ältesten telefonischen Beratungsangebote der Welt. Derzeit gibt es 83 Standorte in Deutschland, d.h. an Werktagen 83 offene Leitungen, die von rund 3.000 ehrenamtlich tätigen, ausgebildeten Beraterinnen und Beratern besetzt sind. Wer aus der Region (Soest, Werl, Warstein, Lippstadt) die Nummer gegen Kummer über Festnetz anruft, darf davon ausgehen, dass er einen Berater vor Ort erreicht. Bei Überlastung des Teams leitet die Telekommunikationstechnik den Anruf zum nächsten freien Standort weiter.